Gemeinsam Neuland betreten

Messen haben eine Zukunft. Davon sind die Olma Messen St. Gallen und die Messe Luzern AG überzeugt. Es braucht aber die Bereitschaft, neue Wege einzuschlagen. Im Interview sprechen die beiden führenden Köpfe Nicolo Paganini und Markus Lauber über neue Kooperationen und Investitionen im heutigen Messeumfeld.

Markus Lauber, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Messe Luzern AG und Nicolo Paganini, Direktor der Genossenschaft Olma Messen St. Gallen, Nationalrat.

 

Die Olma Messen St. Gallen investieren über 160 Mio. Franken in das Bauprojekt «Olma Neuland». Nicolo Paganini, dies ist ein Bekenntnis zum Messewesen. Warum dieser Schritt?
Nicolo Paganini: Das Projekt ist nicht nur ein Bekenntnis unseres Unternehmens zu den Messen, es ist ein Bekenntnis der ganzen Bevölkerung zu den Olma Messen als Begegnungsort. Die Abstimmungsresultate über die Finanzierungsbeiträge von Stadt und Kanton waren eindeutig: Der Treffpunkt ist beliebt, der grosse Nutzen bekannt und der persönliche Austausch weiterhin ein Bedürfnis. Wir schaffen mit dieser Investition neue Flächen von sehr guter Qualität und mit einzigartigen Neuerungen, die für Veranstaltungen verschiedener Art geeignet sind – das ist gefragt.

Daher der Projektname «Neuland»?
Paganini: Tatsächlich ist die Grösse dieses Projekts für uns Neuland. Durch die Überdeckung der Stadtautobahn entsteht zudem wortwörtlich neues Land, das Platz für den Neubau schafft.

Ebenfalls Neuland betreten die Olma Messen St. Gallen gemeinsam mit der Messe Luzern. Für Ihre Messen Tier&Technik und Suisse Tier realisieren Sie ein Kooperationsprojekt in digitalen Kanälen. Weshalb ein Projekt im digitalen Raum?
Markus Lauber: Wir glauben an das Marketinginstrument Messe. Der persönliche Kontakt ist und bleibt zentral für erfolgreiche Geschäfte, und ­dafür bieten Messen den idealen Raum. ­Allerdings hat sich das Informations­beschaffungsverhalten in den letzten Jahren stark verändert. Der Kunde informiert sich heute zuerst digital und hat entsprechend ein grösseres Vorwissen. Als Messeveranstalter müssen wir lernen, dieses Verhalten zu nutzen, um die richtigen Menschen zusammenzubringen. Dafür müssen wir die Aussteller und ihre Kompetenzen heute bereits im Vorfeld der Messe sichtbar machen. Und zwar dort, wo sich die Besuchenden informieren – im digitalen Raum.

Und weshalb in einer Kooperation?
Lauber: Dieser digitale Raum ist unendlich und kennt weder Hallen- noch Kantonsgrenzen. Um ihn breit abdecken zu können, müssen kleine Player wie wir Messeveranstalter digitale Projekte in Kooperationen stemmen. Nur so erreichen wir auch in Zukunft unser Ziel: Der Aussteller trifft auf neue Kunden und der Besucher findet jenen Aussteller, der ihn bei seiner konkreten Lösungsfindung unterstützt.

Also klopfte Luzern mit dieser Vision in St. Gallen an ...
Lauber: Richtig. Unsere Messe Suisse Tier und die St. Galler Messe Tier&Technik stehen sich thematisch nah und es gibt Aussteller, die an beiden Messen präsent sind. Daher war für uns klar: Für einen echten Nutzen dürfen wir diese Idee nicht alleine angehen. Und eine Kooperation hat nur eine Chance, wenn wir das Projekt von Anfang an zusammen umsetzen.
Paganini: Das sahen wir genauso. Überall wird diskutiert, wie die analoge mit der digitalen Welt sinnvoll vernetzt werden kann. Nun kam endlich jemand mit einer konkreten Idee. Darum ist es uns nicht schwergefallen, einzusteigen.


«Der Kunde informiert sich heute zuerst digital und hat entsprechend ein grösseres Vorwissen.»

Markus Lauber, Messe Luzern AG


Wie sieht diese gemeinsame Lösung der neuen digitalen Kanäle konkret aus?
Lauber: Die Messewebseiten der Suisse Tier und der Tier&Technik sind neu in der gleichen Struktur aufgebaut und nach branchenaktuellen Anwendungsbereichen und Fokusthemen gegliedert. Darin zeigen Aussteller mit einem umfassenden Profil aktuelle Lösungen und Highlights aus ihrem Angebot. So können sich die Besuchenden besser orientieren und finden durch die Struktur gemäss ihren Interessen genau jene Aussteller, die für sie eine interessante Lösung anbieten. Für die Aussteller ist es ein grosser Mehrwert, dass sie mit ihren Inhalten gleich beide Messen bespielen können.
Paganini: Das Konzept geht noch einen Schritt weiter. Damit der Informationsfluss und die Kontakte auch nach der Messe nicht abbrechen, gibt es den digitalen Treffpunkt Farming.plus, ein Angebot unseres gemeinsamen strategischen Partners Conteo. Unabhängig von unseren beiden Messen, aber wiederum nach derselben Struktur wie bei den Messewebseiten treffen dort Anbieter und Nachfrager während 365 Tagen aufeinander. Es werden also permanent hochwertige Kontakte vermittelt.
Lauber: In Luzern wenden wir das Konzept bereits erfolgreich bei unseren Industriemessen an. Wir haben viele positive Reaktionen und sind überzeugt, dass wir das Messewesen so in eine erfolgreiche Zukunft führen.

Welche Erfahrungen haben Sie im aktuellen Projekt bereits gemacht?
Paganini: Bisher organisierten wir Messen, indem wir uns vorwiegend im analogen Raum bewegten. Nun wird unser Aufgabengebiet mit der digitalen Erweiterung viel grösser. Auf dieser Reise ist es besonders wichtig, unsere Mitarbeitenden mitzunehmen.
Lauber: Da stimme ich voll und ganz zu. Das neue Konzept erfordert ein Umdenken im gesamten Unternehmen und in unseren eigenen Teams.

Aber funktioniert eine Kooperation unter Konkurrenten? Können nach wie vor beide Messen nebeneinander bestehen?
Lauber: Wir beide sind überzeugt, dass unsere Messen stark sind. Trotz der digitalen Kooperation sind die jeweiligen Messen eigenständig und unabhängig. Die Suisse Tier und die Tier&Technik positionieren sich weiterhin in ihren bewährten spezifischen Themengebieten. Das geschaffene digitale Netzwerk bereichert beide Veranstaltungen.
Paganini: Durch die Kooperation erhält das Produkt sogar noch mehr Relevanz. Ausserdem: Der «Gegner» ist nicht ein anderer Messeplatz. Im Gegenteil: Wenn es der Luga gut geht, geht es der Olma gut, wenn es der Suisse Tier gut geht, geht es der Tier&Technik gut. Die Konkurrenz sind die anderen Kommunikationskanäle. In der Positionierung der Messe inmitten unzähliger Marketingmassnahmen ergibt es also Sinn, Kooperationen mit vermeintlichen Konkurrenten einzugehen.
Lauber: Für die Aussteller und die Besuchenden ist es ein enormer Mehrwert, wenn wir auf die gleichen Lösungen setzen und uns auf ein und dieselbe Struktur unserer digitalen Kanäle einigen. Das schafft Vereinfachung und Synergien für alle.

Es sind also weitere Kooperationen wünschenswert?
Lauber: Wir sind offen. Bereits hat die Messe Friedrichshafen als Veranstalterin der Fruchtwelt Bodensee von sich aus Interesse angemeldet. Auch eine Kooperation mit der Agrama Bern wäre interessant. Damit will ich sagen: Das Starke an der Kooperation ist nicht, dass Luzern und St. Gallen beteiligt sind, sondern dass sie offen ist. Je grösser das digitale Netzwerk, desto grösser wird die Relevanz für die einzelnen Veranstaltungen und der Nutzen für Aussteller und Besuchende – und dies kann auch in allen anderen Branchen funktionieren.

 

Kompakt

Die Messe Luzern AG und die Olma Messen St. Gallen gehen eine Kooperation ein.
Das Projekt im digitalen Raum betrifft die beiden Messen Suisse Tier und Tier&Technik.
Die Messen positionieren sich im digitalen Zeitalter und werden gestärkt.

 

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